Mensch-Maschine-Schnittstelle Das moderne Gesicht der Maschine

Ein Gastbeitrag von Gerrit Pape (B.Eng.)*

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Die Anforderungen an HMI-Lösungen (Human Machine Interface) sind über die Jahre deutlich gewachsen, vor allem hinsichtlich Offenheit, Flexibilität, Sicherheit und Performance. Aktuelle Geräte setzen daher auf Webtechnologie.

Moderne HMI-Lösungen erlauben den standortunabhängigen Fernzugriff auf die Anlage – sowohl mit mobilen Endgeräten als auch aus der Zentrale.
Moderne HMI-Lösungen erlauben den standortunabhängigen Fernzugriff auf die Anlage – sowohl mit mobilen Endgeräten als auch aus der Zentrale.
(Bild: Phoenix Contact)

Vor nicht allzu langer Zeit war ein Human Machine Interface – kurz HMI – eine Hardware, die über ein Feldbussystem mit einer Steuerung verbunden wird. Die Entwicklung an beiden Enden – HMI-Gerät und Maschine/Anlage – erfolgte seinerzeit über proprietäre Software. Die beteiligten Ingenieure waren Experten auf ihrem Gebiet und hatten oftmals eigene Vorstellungen, wie ein Datenregister korrekt abgebildet wird. Heute kann ein HMI zahlreiche Formen annehmen: etwa Schalter, Regler oder Industrie-PCs.

Trend zu Webapplikationen und Open-Source-Software

Die Nachfrage nach modernen, interoperablen und tragbaren Interfaces bedeutet, dass das dedizierte HMI-Modell mehr oder weniger ausgedient hat. Anlagenbetreiber benötigen vielmehr eine intuitiv handhabbare und effiziente Benutzerschnittstelle. Als OEM (Original Equipment Manufacturer, Erstausrüster) ist das HMI als „Gesicht“ der Maschine möglicherweise der häufigste Berührungspunkt mit seinem Kunden. Der Markttrend bewegt sich daher in Richtung Webapplikationen und Open-Source-Software.

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Für Maschinenbauer wiederum stellt das HMI eine wichtige Möglichkeit dar, ihre Maschine durch ein „Markenzeichen“ von Marktbegleitern zu differenzieren. In den einzelnen Industriezweigen gibt es meist ähnliche Maschinenbau-OEMs auf Basis der HMI-Software des gleichen Anbieters. Daher ähneln sich die HMIs der OEMs häufig, da sie mit einer einheitlichen, begrenzten Toolbox arbeiten. Das erschwert es dem Maschinen- oder Anlagenbauer, sich abzuheben und über das User-Interface einen Wiedererkennungswert zu schaffen.

HTML5 als Universallösung sehen

Sind Offenheit und Flexibilität der Maßstab für zukunftsgerichtete Automatisierungslösungen, zeigt sich sofort, dass die Visualisierung in den verschiedenen Systemen nicht auf einer bestimmten Softwareplattform basieren kann. Es stehen zwar unterschiedliche Cross Compiler zur Verfügung, die allerdings Einschränkungen im Hinblick auf die einzelnen Plattformen haben sowie in Bezug auf Releases und Updates nicht auf dem aktuellen Stand der Technik sind. Ferner treten des Öfteren Probleme auf, die individuell gelöst werden müssen. Hier bietet die Webtechnologie und speziell die Computersprache HTML5 die Möglichkeit einer plattformübergreifenden Visualisierung. HTML5 erweist sich dabei als Universallösung, jedoch entstehen immer wieder Inkompatibilitäten zwischen den auf den Plattformen genutzten Browsern. Eventuelle Schwierigkeiten beziehen sich jedoch meist auf die Optik und lassen sich meist einfach beheben.

Wie eine moderne HMI-Lösung in Praxis aussehen kann, zeigt das das auf Offenheit und Flexibilität ausgelegte Ecosystem PLCnext Technology von Phoenix Contact. Innerhalb dieser Plattform fungiert das Webpanel WP 6000 als Schnittstelle zum Bediener.

Client-/Server-Struktur bildet die Grundlage

Die auf Basis der IT-Technik entwickelten Webpanels fügen sich nahtlos in vorhandene IT-Infrastrukturen ein. Die Grundlage dazu bildet eine Client-/Server-Struktur. Die Steuerungen umfassen (Web-)Server, auf denen die Bedienoberfläche hinterlegt ist: Prozess-/Maschinendaten, Steuerungsprogramm und Visualisierung werden an einer zentralen Stelle vorgehalten. Die Bedienpanels laden in ihrer Funktion als Client die Visualisierung aus der Steuerung. Zu diesem Zweck benötigen die Panels lediglich einen Browser. Das Visualisierungsprojekt selbst verbleibt im Web-Server.

Das Client-/Server-Konzept verfügt in Verbindung mit einer Ethernet-TPC/IP-Vernetzung über entscheidende Vorteile:

  • Engineering, Wartung und Erweiterungen vereinfachen sich. Änderungen werden an einem zentralen Punkt – der Steuerung – vorgenommen und sofort automatisch an sämtliche angeschlossenen Bedieneinheiten verteilt, auch an einen räumlich weit entfernten Wartungs-PC;
  • Zur Anzeige der Visualisierung reicht ein Standardbrowser aus – egal ob auf einem Bedien- oder Webpanel, Windows-PC oder sonstigem Unix-/Linux-System installiert;
  • Spezielle Softwareinstallationen, Kommunikationstreiber und Feldbuskarten entfallen ebenso wie Runtime-Lizenzen;
  • Nach der Ankopplung der Steuerung an das Unternehmensnetzwerk ist die Visualisierung umgehend unternehmensweit abrufbar – bei Bedarf auch übers Internet.

Nahtlose Integration in Automatisierungssysteme

Die neue HMI-Generation der Webpanels WP 6000 von Phoenix Contact lässt sich in erster Linie in jedes Automatisierungssystem integrieren. Zugleich sind die Geräte mit einigen Softwarefunktionen auf die eHMI-Visualisierung von Phoenix Contact oder das unternehmenseigene Managementsystem Emalytics für die Gebäudeautomation zugeschnitten. Der Aufbau der Webpanels gestaltet sich anwenderfreundlich: In einem vorgelagerten Cockpit kann der Nutzer verschiedene Funktionen aktivieren und die Geräteeinstellungen definieren. Die Visualisierung wird durch die Eingabe der Web-Adresse aufgerufen. Um die Panels möglichst effizient in Betrieb zu nehmen, lassen sich die Einstellungen jedes einzelnen Geräts ebenfalls per Fernzugriff von einem lokalen Rechner ausführen. Mit wenigen Klicks oder Konfigurationsdateien können alle im System befindlichen Panels zentral und komfortabel konfiguriert werden, ohne dass Mitarbeitende vor Ort anwesend sein müssen.

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Das WP 6000 öffnet bis zu zehn TAPs (Terminal Access Point) gleichzeitig, die sich jederzeit für den Autostart aktivieren oder deaktivieren lassen. Je nach Anwendung und Energieeffizienz sind die Helligkeit des Displays und die Dauer des Standby-Betriebs wählbar, alternativ wird der Bewegungssensor aktiviert. Aufgrund der eingebundenen Autoskalierung und des Einbaus im Hoch- und Querformat erweist sich die Programmierung der Visualisierung als flexibel. Viele Anwender – insbesondere OEM-Kunden – fordern eine schnelle Inbetriebnahme sowie einen Wiedererkennungswert über das HMI. Sie können daher selbst den Startscreen (Boot up Logo) des Panels festlegen und hier beispielsweise ihr Unternehmenslogo hinterlegen. Durch Dateiformate auf USB-Datenträgern, Mikro-SD-Karten oder remote über das Netzwerk lässt sich das WP 6000 einfach einrichten und aktualisieren.

Integrierter Memory Tracker zur Speicherüberwachung

Webvisualisierungen sind vielseitig und je nach Programmiertool unterschiedlich aufgebaut. Das beeinflusst den Speicher des Geräts, was wiederum Auswirkungen auf die Performance hat. In diesem Fall muss der Anwender die Ursache der geringeren Leistungsfähigkeit und entsprechende Optimierungsmöglichkeiten erkennen. Mit dem integrierten Memory Tracker kann er deshalb einen Speicherschwellwert festlegen, auf den der Browser die Anwendung zurücksetzt und den Cache leert. Diese Einstellung lässt sich anpassen, wenn die Applikation ressourcenintensiv ist und der Nutzer die Stabilitätsprobleme bemerkt.

Dem Thema Cybersicherheit kommt besondere Bedeutung zu. Daher können auf dem WP 6000 Client- und Serverzertifikate hinterlegt werden. Die vertrauenswürdigen Zertifikate müssen vorliegen, wenn die jeweiligen Web-Server SSL-verschlüsselt (Secure Sockets Layer) übertragen. Die Clientzertifikate sind für den sicheren zertifikatsbasierten Anwender-Login erforderlich. Darüber hinaus lässt sich das Webpanel mit VNC-Verbindungen (Virtual Network Computing) nutzen, es kann also sowohl als Server oder als Client verwendet werden. Dient das WP 6000 als VNC-Client, kann ein externer PC seine Rechenleistung übernehmen. Die Ausführung der VNC-Verbindung erfolgt wahlweise als Autostart oder Fullscreen.

Das Nutzerverhalten der Anlagenbauer und Automatisierer lässt einen deutlichen Trend in Richtung Webtechnologie erkennen. Als entscheidende Vorteile zeigen sich dabei die Unabhängigkeit, Flexibilität und Know-How-Transparenz. Durch den schnellen und ortsunabhängigen Zugriff auf die Geräte werden Ressourcen eingespart. Die zahlreichen Möglichkeiten der Individualisierung ermöglichen es dem Anlagenbauer, seiner Anlage durch die Benutzerschnittstelle ohne besonderen Aufwand einen Wiedererkennungswert zu geben.

* Gerrit Pape (B.Eng.), Produktmanagement, Phoenix Contact Electronics, Bad Pyrmont

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